Mitte Januar 2021.
In etwa zehn Tagen werden hochkarätige Politiker unseres Landes zusammensitzen und besprechen, ob die Maßnahmen für die Bekämpfung von Covid-19 in der 40-tägigen Zeit einer langfristigen Lock-Down-Strategie Wirkung gezeigt haben und ob sie über diese Zeit hinaus noch weiter eingesetzt werden sollen. Es ist ungewiss, wie lange wir noch vor verschlossenen Türen warten müssen, bis das kulturelle Leben ganz oder auch nur teilweise wieder möglich ist. Ganz anders als in früheren Jahren zu Silvester üblich ist jeder von uns ohne (große) Feier, ohne das Teilen der Freude über das kommende Jahr mit Freunden und Familie ins neue Jahr hineingerutscht. Die Straßen sind leer, die Geschäfte sind verschlossen, die Menschen ziehen sich in ihre eigenen vier Wände zurück, aus Gründen der Sicherheit, der Verantwortung und der Solidarität.
Das neue Jahr ist in unserem Leben angekommen. Was es Neues bringen wird, kann derzeit niemand von uns genau abschätzen. In jedem Fall aber ist unser Leben durch die Krise transformiert worden, und durch die lange Leidenszeit ist unser Bewusstsein aufmerksamer geworden. Dieses neue Bewusstsein entscheidet darüber, wie wir uns in Bezug auf das soziale Miteinander und den Konsum in einer neuen Lebensphase verhalten werden, in der das Coronavirus dank der getroffenen Maßnahmen und mehreren in Rekordzeit entwickelten Impfstoffen unter Kontrolle gebracht worden ist. Dies wird für uns alle eine fröhliche Veränderung sein, denn wir werden durch eine lebensbedrohliche Krisensituation dahin geführt, unseren Blick auf die Umwelt schärfen, unsere Denkart zu sensibilisieren und mehr auf unsere Handlungsweise zu achten.
Die Achtsamkeit ist einer der wichtigsten Schlüssel zur künstlerischen Praxis. Die Künstler sind den von ihnen entdeckten Problemen gegenüber ganz besonders achtsam. Sie haben für uns die Arbeit der Sensibilisierung übernommen und rufen uns durch ihre Werke ins Bewusstsein, was wirklich war bzw. ist und was auf uns zukommen wird. Wenn man so will ermöglicht die Kunst einen anderen Blick auf die Wirklichkeit und befreit das Nachdenken von Sachzwängen. Im Bereich der Kunst dürfen unsere Gedanken sich frei bewegen und dürfen unsere Blicke kritisch/fragend auf einem Punkt verweilen, der sich von unserem realen Leben zu entbinden scheint. Jeder Betrachter ist selbst zuständig für seine Beziehung zu einem Kunstwerk, er hält den Schlüssel in der Hand, um den betrachteten Punkt mit dem Netzwerk seiner Lebenserfahrung zu verbinden. Künstler stellen nur die Fragen; im Unterschied zu Propheten geben sie keine Antworten.
Wir möchten nicht bestreiten, dass die Rezeption von Kunstwerken eine Art der Arbeit ist. Diese Arbeit ist jedoch wohltuend für den Betrachter, weil die ästhetische Rezeption mit einer Achtsamkeitsübung zu vergleichen ist. Man konzentriert sich auf eine Idee, die von einem anderen Menschen geschöpft worden ist; man achtet auf seine eigene Wahrnehmung, wie die fremde Idee auf das eigene vertraute Denken bzw. die eigene Gefühlswelt wirkt. Dieser Vorgang ähnelt einer Meditation, die sich auf ästhetischer Ebene bewegt. Medizinisch betrachtet erweckt die meditative Achtsamkeitsübung die stärkende Wirkung der eigenen Abwehrkräfte. Die Professorin Isabelle Mansuy für Neuroepigenetik am Institut für Hirnforschung der Universität Zürich und dem Institut für Neurowissenschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich beschrieb in einem Interview das Forschungsergebnis eines Experiments:
„In einem mehrere Jahre alten Versuch baten Biologen aus den USA, aus Spanien und Frankreich 19 geübte Meditierende, sich für acht Stunden am Stück in einen intensiven Zustand der Achtsamkeit zu versetzen. Eine zweite Gruppe sollte sich in dieser Zeit nur mit ruhigen, nicht-meditativen Tätigkeiten beschäftigen. Bei der Meditationsgruppe zeigten sich danach besonders Veränderungen bei den Genen, die Entzündungen bekämpften. Auch die körperlichen Abwehrkräfte waren deutlich gestärkt.“[1]
In dieser Hinsicht hoffen wir, dass wir Sie mit ausreichenden Argumenten überzeugen und bewegen können, gebannt und gespannt auf die bunte Kunstwelt zu bleiben. Wir haben es uns zum Neujahr zum Vorsatz genommen, Ihnen die spannende Welt der Kunst und ihrer Kunstwerke weiter zu vermitteln.
Wir möchten uns bei dem Künstler Lothar Zeuch dafür bedanken, dass er uns das Recht gewährt hat, für diesen Beitrag ein Abbild seines Werks „Feinstofflicher Wirbel“ (Acryl, 50*50cm) zu verwenden. Mehr über seine Kunst erfahren Sie auf www.lothar-zeuch-art.homepage.t-online.de
Wir wünschen Ihnen von Herzen ein erlebnisreiches und gesundes neues Jahr!
Ihr
Art, Culture & Science Association International e.V. Team
[1] Bindung und Brokkoli, S. 34, Eltern, Nr.2/2021, G+J Medien GmbH, Hamburg